Ho Chi Minh Mausoleum

Vietnams Hauptstadt Hanoi

17.11.2023
Backpacking

Nachdem wir uns das Visa on Arrival am Flughafen geholt und schlussendlich nach einigem Suchen unsere Rucksäcke in der ziemlich chaotischen Ankunftshalle gefunden haben, gehen wir zum Shuttlebus von Vietnam Airlines, der uns - auch wenn wir die Airline nicht benutzt haben - ins Stadtzentrum bringen soll, genauer gesagt zum Office der Airline an der Straße Trang Thi. Das klappt auch ganz wunderbar und für 35.000 Dong pro Person - also gut 1 Euro - ist der Spaß auch ziemlich günstig. Von der Bushaltestelle bis zu unserem Hotel - dem Charming Hotel Hanoi - schlagen wir uns dann zu Fuß durch. Der Ausdruck beschreibt unser Vorwärtskommen sehr gut. Gehsteige werden in Vietnam nicht primär zum Gehen verwendet. Hier wird gekocht, gegessen, gesessen, Sachen verkauft und Mopeds geparkt - kurzum, der Gehsteig lebt! 

Nachdem wir das Hotel gefunden und dort eingecheckt haben, rasten wir uns ein wenig aus, da der Jetlag sich bereits bemerkbar macht und wir noch den ganzen Tag durchstehen müssen. Gegen Nachmittag ziehen wir aber doch bereits los und wandern Richtung Hoan-Kiem-See. An seinem nördlichen Ende liegt das Wasserpuppentheater, in dem man sich unbedingt eine Vorstellung ansehen sollte. Wir wollen erst mal nur auschecken, wie das mit den Tickets funktioniert. Dabei erfahren wir, dass es für die in Kürze beginnende Vorstellung noch Karten gibt, also schlagen wir gleich zu. Die Zeit bis zum Beginn vertrödeln wir am Ufer des Sees und dann geht es auch schon bald los. 

Das Wasserpuppentheater ist weltweit einzigartig, das gibt’s nur in Vietnam und es folgt einer jahrhundertealten Tradition. Ca. 1 Meter große Puppen werden an langen Holzstäben befestigt, die unter der Wasseroberfläche eines Beckens liegen und von hinter Vorhängen stehenden Akteuren bedient werden. Dazu spielt ein kleines Live-Orchester. Das Ganze ist recht putzig anzusehen, allerdings stellen wir schon nach kurzer Zeit fest, dass wir den Termin für die Vorstellung denkbar ungünstig gewählt haben. Sobald das Licht in dem warmen Saal aus ist und das Orchester zu spielen beginnt, macht sich der Jetlag wieder unangenehm bemerkbar. Binnen Sekunden drohen uns die Augen zuzufallen und wir in wohltuenden Schlaf zu versinken. Dass das nicht geschieht erfordert ein außerordentliches Maß an Selbstdisziplin, das wir uns selbst nicht zugetraut hätten, aber tatsächlich aufbringen. Auch darum wird uns die Vorstellung lange in Erinnerung bleiben. 

Wieder an der frischen Luft ist der Jetlag verflogen und wir entschließen uns auch gleich noch zum Besuch der Insel im Hoan-Kiem-See, auf der sich der Ngoc Son Tempel befindet, errichtet zu Ehren eines Militärkommandanten der Tran Dynastie. Darüber hinaus wird hier auch ein taoistischer Gott, der Glück und Wohlstand bringen soll, verehrt. Ein besonderes Ausstellungsstück ist der konservierte Körper einer riesigen Schildkröte, die im Hoan-Kiem-See gelebt haben und 400 Jahre alt geworden sein soll. Die im See lebenden Schildkröten haben eine besondere Bedeutung, da sie Teil einer Legende sind, die besagt, dass eine Schildkröte aus dem See einst einem Fischer ein magisches Schwert übergeben haben soll, der mit Hilfe dessen die Truppen der Ming-Dynstie schlug und später selbst König wurde. 

Besonders entzückend ist die historische Holzbrücke, die die Insel mit dem Festland verbindet. Anders als im übrigen Hanoi sind hier nur Fußgänger anzutreffen. Abseits der Insel ist der fast ausschließlich mit Mopeds motorisierte Verkehr der helle Wahnsinn. Unmengen von Hondas düsen dicht gedrängt durch die Stadt, das Überqueren der Straße scheint auf den ersten Blick unmöglich. Wir sehen zu, wie die Locals das machen, und lernen. Man muss sich langsam aber stetig und ohne stehen zu bleiben oder hastige Bewegungen zu machen von einer Straßenseite auf die andere bewegen. Die Mopedfahrer weichen dann elegant aus und der Verkehr schlängelt sich regelrecht um die Fußgänger herum. Mit der Zeit gewöhnt man sich dran. 

Am nächsten Tag wollen wir als erstes zum Ho-Chi-Minh-Mausoleum. Wir machen erst ein Foto von der Ostseite und mit der schönen, grünen Wiese im Vordergrund. Als wir diese aber überqueren wollen, um direkt auf das Mausoleum zuzusteuern, werden wir von einem Wächter mit Trillerpfeife energisch daran gehindert. Das ist nicht der offizielle Zugang und er fordert uns auf, uns dort anzustellen, wo es vorgesehen ist - und zwar in einer Schlange, die um den gesamten Häuserblock führt und ohne Übertreibung mehr als einen Kilometer lang ist. Wir glauben erst, dass das ein schlechter Scherz ist, aber wir stellen uns doch mal in die Reihe und merken bald, dass sich die Schlange erstaunlich flott vorwärts bewegt. Wir bleiben also und nach etwa einer halben Stunde sind wir schon ganz vorn. 

Die Besichtigung ist wirklich ein Spektakel der Sonderklasse. Eine nicht abreißen wollende Menschenschlange - darunter sehr viele Schulklassen - wird durch das Mausoleum durch und am Grab von Ho Chi Minh vorbeigeschleust. Der einbalsamierte Leichnam des Kommunistenführers liegt dort schneewittchengleich in einem gläsernen Sarg und darf bestaunt werden, allerdings ohne stehen zu bleiben. Fotografieren ist selbstverständlich auch nicht erlaubt, das würde sicher den sterblichen Überresten schaden und wäre doch auch irgendwie pietätlos. Wir sind auf jeden Fall beeindruckt, wie professionell hier die Massen abgefertigt werden, so dass jeder die Gelegenheit bekommt, Onkel Ho die letzte Ehre zu erweisen. 

Abgesehen vom Mausoelum befinden sich auf dem Gelände noch weitere Sehenswürdigkeiten. Die Einsäulenpagode gilt als eine der ältesten in Hanoi und besitzt aufgrund ihrer außergewöhnlichen Bauweise große Bekanntheit - auch wenn der ursprüngliche Baumstamm, auf dem die Pagode thronte, mittlerweile durch einen Betonpflock ersetzt wurde.  

Das Ho-Chi-Minh-Museum besitzt (mit etwas Fantasie) die Form einer Lotosblüte und widmet sich dem Leben und Werk des Revolutionsführers und Gründers der Kommunistischen Partei. Eine etwas persönlichere Note hat Onkel Hos an einem wunderschönen Lotusteich gelegenes Wohnhaus, in dem er bis zu seinem Tod 1969 lebte. 

Abgesehen von den durchaus nicht uninteressanten Sehenswürdigkeiten Hanois ist das Herausragendste an der vietnamesischen Hauptstadt aber sicher ihre immer noch funktionierende Altstadt. In dem verwinkelten Großstadt-Dschungel wimmelt es nur so von Menschen, Mopeds, Garküchen, Geschäften und auf der Straße feilgebotenen Waren. Dabei ist zu beachten, dass das Angebot mehr oder weniger streng sortiert und auf diverse Straßenzüge aufgeteilt ist. In einer Gasse gibt es nur Metallwaren, in der nächsten nur Plastikblumen, in der nächsten ausschließlich Gemüse. Es ist total interessant, sich in diesem Labyrinth einfach treiben zu lassen und das vielfältige Warenangebot zu bestaunen. So einen Konsumflash würde man in einem zumindest formell noch sozialistischen Staat gar nicht erwarten. 

Zum Pflichtprogramm Hanois gehört auch der Literaturtempel. Die Anlage diente entgegen dem, was man erst glauben möchte, niemals religiösen Zwecken. Es handelt sich vielmehr um eine konfuzianische Akademie, wo ausgewählte Aristokraten unterrichtet wurden - eine Art Universität also. Der Tempel ist dem Konfuziustempel in Konfuzius’ Geburtsstadt Qufu in China nachempfunden. Die harmonisch aneinandergereihten Innenhöfe strahlen auf jeden Fall viel Ruhe aus und es ist überaus angenehm, hier etwas Zeit zu verbringen und den Trubel und die Hektik Hanois kurz hinter sich zu lassen. 

Weniger harmonisch präsentiert sich das übrige Stadtbild Hanois. Von der historischen meist nur zweistöckigen Bausubstanz ist kaum mehr etwas übrig, heutzutage dominieren großformatige 3-5-stöckige Geschoßbauten die City. Auch sie sind einem stetigen Wandel unterworfen. An allen Ecken und Enden wird gebaut, aufgestockt, erweitert und wieder niedergerissen. Die Stadt ist - wie es scheint - stetig im Wandel und es macht macht unheimlichen Spaß, sich durch die mit Leben gefüllten und mit schattenspendenden Bäumen gesäumten Gassen treiben zu lassen.  

Im Stadtbild sehr wohl erhalten geblieben sind einige Baudenkmäler aus der Kolonialzeit Vietnams. Südlich des Hoan-Kiem-Sees befindet sich das ehemalige Europäerviertel und hier haben die Franzosen 1901 ein Opernhaus errichtet, das eine verkleinerte Version der Grand Opera in Paris darstellt. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Tonkin-Palast, der den Gouverneuren von Tonkin als Wohnpalast diente, und heute als Gästehaus für Staatsgäste. 

Unbedingt müssen wir ein paar Worte über das kulinarische Angebot Hanois verlieren.