Streymoy und Vágar
Nachdem wir sehr spät Abends auf den Färöer Inseln ankommen, übernachten wir gleich - ohne lange rumzusuchen - auf einem in park4night empfohlenen Parkplatz unweit des Hafens. Auch um Mitternacht können wir bei Resttageslicht noch erkennen, dass das zwar kein recht lauschiges Plätzchen ist, aber gerade wollen wir nur noch in unser Dachzelt. Dort schlafen wir dann auch recht gut und ruhig. Am Morgen sieht es hier auch schon viel freundlicher aus, der Blick Richtung Meer ist eigentlich ganz schön.
Zum Frühstück gibt es erst nur einen kurzen Snack. Für was Ausgiebigeres wollen wir uns ein netteres Plätzchen suchen und so packen wir gleich wieder zusammen und fahren in den äußersten Süden der Insel Streymoy, genauer gesagt nach Kirkjubøur. Vor allen weiteren Aktivitäten wird dort erst mal ausgiebig gefrühstückt.
Die winzige Ansiedlung mit gerade mal 80 Einwohnern ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten auf den Färöer Inseln. Dies, da sich dort 3 wichtige Baudenkmäler befinden, die davon zeugen, dass Kirkjubøur einst das geistige und kulturelle Zentrum der Färöer war - die Ruinen der Magnuskathedrale, die Olavskirche und der Königshof von Kirkjubøur.
Die Magnuskathedrale wurde um 1300 unter Bischof Erlendur errichtet und ist das bedeutendste mittelalterliche Gebäude auf den Inseln. Bis heute ist unklar, ob der Dom je vollendet und/oder benutzt wurde. Es könnte auch sein, dass der Bau seit jeher sein ruinenartiges Aussehen besitzt. Gewidmet ist er dem Heiligen Magnus, von dem hier angeblich auch Knochenreste gefunden wurden.
Die Olavskirche wurde noch früher, um 1250, errichtet und war das Zentrum des Bistums Färöer. Einst war hier das berühmte Kirchengestühl von Kirkjubøur aufgestellt, das den bedeutendsten Kunstschatz der Färöer darstellt. Über Umwege gelangte es ins Dänische Nationalmuseum in Kopenhagen, wurde aber 2002 an die Färöer zurückgegeben und kann heute im Historischen Museum in Hoyvík bewundert werden.
Der Königshof von Kirkjubøur ist ein Bauernhaus aus dem 11. Jahrhundert und das älteste noch heute bewohnte Holzhaus Europas. Es war einst Sitz des Bistums Färöer, heute ist es ein Museum und gleichzeitig Wohnstätte der Familie Patursson, die hier in der 17. Generation Pachtbauern sind. Nach der Reformation ging der gesamte Landbesitz der katholischen Kirche an die dänische Krone über, so auch der Königshof von Kirkjubøur.
Auf den Wiesen in Kirkjubøur wachsen buschig jede Menge Sumpfdotterblumen, die sich auf dem satten Grün schön abheben. Die Pflanze ist die Nationalblume der Färöer Inseln. Außerdem kann man von hier gut die vorgelagerten Inseln Koltur und Hestur sehen.
Obwohl die Sumpferdotterblume die Nationalblume der Färöer ist, werden landschaftlich besonders reizvolle Strecken auf den Inseln als sogenannte "buttercup routes" bezeichnet. "Buttercup" ist eigentlich die englische Bezeichnung für den Hahnenfuß, aber gut.
Wir fahren das kurze Stück zurück nach Tórshavn und von dort auf die 10 Richtung Norden. Diese Straße ist eine solche "buttercup route" und ja, sie ist landschaftlich wirklich herausragend. Da sie ein paar hundert Meter über dem Meer auf einer Art Bergrücken verläuft, bekommen wir mal rechterhand, mal linkerhand tolle Weitblicke über Fjorde und die typische baumlose Vegetation der Färöer präsentiert.
Danach bietet es sich an, auf die Insel Vágar überzusetzen. Wir registrieren unser Auto mit Nummernschild und unserer Kreditkarte auf der entsprechenden Website und schon steht der Befahrung des ersten Unterseetunnels nichts mehr im Weg. Die Bezahlung erfolgt durch die automatische Nummernerkennung vollautomatisch online. Hin und zurück kostet die Befahrung des knapp 5 Kilometer langen Tunnels in etwa 13 Euro.
Einen ersten längeren Stopp auf Vágar machen wir in dem beschaulichen Örtchen Bøur an der Westküste der Insel. Dort sehen wir die ersten grasgedeckten Holzhäuschen und bemerken, dass öffentliche (beheizte) Toiletten auf den Färöer wohl Standard sind. Wir drehen eine kurze Runde durch das Örtchen und genießen dann bei einer Tasse Kaffee ein paar Sonnenstrahlen und den wunderschönen Blick auf die Bøur vorgelagerte, markant geformte Insel Tindhólmur.
An der Küste geht es Richtung Nordwesten weiter, wir passieren einen stockfinsteren, einspurigen Tunnel und fahren dann noch ein kurzes Stück bis die Straße endet. Dies ist in Gásadalur der Fall, einem Ort, der lange als der isolierteste Europas galt. Besagter Tunnel wurde erst 2003 erbaut und bis dahin war das Dorf wirklich nur zu Fuß oder mit dem Hubschrauber erreichbar. Das hört sich ja schon mal witzig an, aber deswegen sind wir gar nicht hierher gekommen. Der Grund dafür ist der durch den Microsoft Sperrbildschirm weltbekannt gewordenen Múlafossur am Ortsrand von Gásadalur. Der etwa 30 Meter hohe Wasserfall ergießt sich überaus idyllisch und formschön von den Klippen ins Meer - ein richtiges Postkartenmotiv.
Tipp: Postkartenmotiv
Nachdem wir uns beim Múlafossur etwas die Beine vertreten haben geht es auf dem selben Weg zurück. Mittlerweile ist es ziemlich sonnig geworden und auch warm. Bei einem Fotostopp unterhält Iris sich ausgiebig mit einem einheimischen Busfahrer, der gerade Pause hat und auf die Rückkehr einer Wandergruppe wartet. Das ist recht nett und man erfährt ein wenig darüber, wie das Leben auf den Färöer so ist.
Bei Sandavágur biegen wir von der Hauptstraße ab und fahren weiter die Küste entlang. Die Straße wird allmählich zu einem Feldweg. Bevor er zu einem Fußweg verkommt lassen wir das Auto aber bei einer Gänsefarm stehen. Zu dem von uns anvisierten Ziel ist es noch ein kurzer Spaziergang, den wir gerne unternehmen. Nach ein paar hundert Meter erreichen wir auch schon einen Punkt, von dem man einen tollen Blick auf den Trøllkonufingur hat. Es handelt sich dabei um einen gut 300 Meter hohen Monolithen, dessen Form mit "Hexenfinger" wirklich trefflich beschrieben ist. Lediglich 11 Personen haben bislang die Spitze erklommen, was durchaus glaubwürdig erscheint.
Da es bereits Abend wird verlassen wir die Insel Vágar wieder. Zurück auf Streymoy versuchen wir, bei einer Tankstelle unseren Frischwassertank wieder aufzufüllen. Bei den ersten beiden sind wir nicht erfolgreich, da es entweder keinen ausreichend langen Schlauch gibt oder zu wenig Wasserdruck. Immerhin aber erstehen wir ein äußerst leckeres Weißbrot mit Mohn. Bei der dritten Tankstelle sind wir dann auch in puncto Wasser erfolgreich. Dort spielt es sich auch ziemlich ab, die Tankstelle ist voll mit Färingern, die essen, trinken und sich bestens unterhalten. Scheint wohl der Dorftreffpunkt zu sein. Die meisten kaufen sich auch ein Eis, immerhin hat es ja 13°.
Nachdem wir uns und unseren Bulli ausreichend versorgt haben, fahren wir in den Norden der Insel Streymoy. In Tjørnuvík, das spektakulär am Ende einer einspurigen Straße liegt, bleiben wir dann und übernachten auf dem dortigen Strandparkplatz. Von dort haben wir einen direkten Blick auf das sagenumwobene Naturdenkmal Risin und Kellingin - zwei etwa 70 Meter hohe Steinnadeln im Meer.
