Mostar_Kaffee

Ein Streifzug durch Mostar

08.06.2023
Roadtrip

Mostar steht schon außerordentlich lange auf unserer - vor allem Iris' - Bucketlist. Da wir bei unserem Kroatien-Trip im Jänner 2023 an der Makarska Riviera schon ziemlich nah dran sind, wird dieser Punkt nun abgehakt. Mostar liegt in Bosnien, was nicht zur Europäischen Union gehört, und somit ein paar eigene Regeln in puncto Einfuhr von Lebensmitteln besitzt. Wir lesen uns diese vor dem Grenzübergang noch durch und sind uns nicht so sicher, ob wir Eier und Käse nicht doch entsorgen müssten. Da aber schade drum wäre, riskieren wir es mit gut gefülltem Kühlschrank - und haben Glück. Niemand interessiert sich für uns oder unseren Bulli.

Vom Grenzübergang Gornji Vinjani geht es auf einer nicht so gut ausgebauten Straße weiter. Das ist etwas mühsam, aber nach einer guten Stunde erreichen wir kurz nach Einbruch der Dunkelheit Mostar, genauer gesagt den einzigen "echten" Stellplatz im Stadtzentrum. Das Autocamping Old Bridge ist zwar mit 35 Euro pro Nacht für bosnische Verhältnisse total überteuert - wir sind uns nicht sicher, ob wir jetzt im Jänner um das Geld nicht sogar ein Hotelzimmer bekommen hätten - aber die Lage wirklich unschlagbar. Es sind nur ein paar Schritt bis in die Altstadt und von der Einfriedungsmauer des Campingplatzes hat man sogar einen ziemlich guten Blick direkt auf Mostar.

Im Gegensatz zur Küste sind Mostars Nächte doch winterlich kalt, es hat gerade mal Plusgrade würden wir schätzen. Da haben wir natürlich keine Lust zum Kochen und so stapfen wir zum Abendessen gleich mal Richtung Altstadt. Die Stadt strahlt eine ganz anderes Ambiente aus als die Orte in Dalmatien. Die hoch in den Himmel aufragenden Moscheen, der osmanische Einschlag und der Geruch von Hausbrand in der kalten Winterluft geben einem das Gefühl, nicht mehr unbedingt in Mitteleuropa zu sein. Mostar ist wirklich ein Traum!

Nach einem super-guten Abendessen mit Grillspießen und Pommes für Yven verbringen wir eine recht kuschelige Nacht im unteren Teil des Bullis, das Aufstelldach bleibt ausnahmsweise mal zu. Der nächste Tag beginnt wieder mit strahlendem Sonnenschein. Die Nacht hat sich verzogen, der Hausbrand nicht. Auf geht's zur Stadterkundung!

Wir nehmen uns als erstes den westlich des Flusses Neretva gelegenen Teil der Altstadt vor. Dieser wird durchzogen von einem weiteren, tief ins Gelände eingeschnittenen Fluss, der sich über viele Kaskaden stürzt und eng eingezwängt in die Bebauung seinen Weg Richtung Neretva sucht. Überspannt wird er pittoresk von der Kriva ćuprija, der kleinen "krummen Steinbogenbrücke", die noch ein Relikt aus osmanischer Zeit ist. Da wir bereits recht früh unterwegs sind, haben viele Geschäfte und Lokale noch gar nicht auf oder sind überhaupt saisonal geschlossen. Das zahlt sich aus, da so der Charme der osmanischen Altstadt voll zur Geltung kommt und kaum durch moderne Beschilderung oder Werbung verfälscht wird. Die schlanken, steil in den Himmel wachsenden Minarette, das in der ganzen Stadt vorhanden bucklige Katzenkopfpflaster und die noch an allen Ecken vorhandenen Bauten im osmanischen Stil geben ein wirklich stimmiges Bild ab und man fühlt sich leicht ein Stück weit Richtung Orient versetzt. 

Wir spazieren auch ans Flussufer der Neretva, die sich noch weitgehend unreguliert durch Mostar schlängelt. Von dort hat man einen besonders spektakulären Blick auf die "Alte Brücke". Das Wahrzeichen der Stadt wurde im 16. Jahrhundert errichten und galt mit ihren Abmessungen und zu ihrer Zeit als Meisterwerk der Ingenieurskunst. Leider wurde sie 1993 im Bosnienkrieg vollständig zerstört, das heute vorhandene Bauwerk ist eine Rekonstruktion, die auch erst 2004 fertiggestellt wurde. Seit 2005 zählt sie aufgrund ihrer architektonischen Besonderheit und ihrer großen Symbolkraft zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Nachdem wir das am westlichen Ufer der Neretva gelegene Altstadtviertel abgelaufen haben, wollen wir mal auf die andere Seite. Kurz vor der Brücke staut es sich ein wenig und wir erfahren, dass hier gerade Dreharbeiten stattfinden. Wir warten also, drehen noch ein Runde und nach einer Weile wird ein Block Nicht-vom-Film-Leute - darunter wir - auf die Brücke gelassen. In etwa 10 Minuten dürfen wir drauf bleiben, Fotos machen, das Bauwerk und die Aussicht bewundern. Im Anschluss drehen sie sogar eine Szene auf der Brücke, was wir uns - diesmal vom Ostufer aus - auch ansehen dürfen. Sogar Yven schafft es, sich während des kurzen Takes ruhig zu verhalten. 

Auch die Gassen östlich der Neretva präsentieren sich gesäumt von geduckten schiefergedeckten Häuschen im unverwechselbar osmanischen Stil. Hier haben doch einige Souvenirläden geöffnet, was gut ist, da Iris ja noch eine Schneekugel für ihre mittlerweile schon recht umfangreiche Sammlung braucht.

In einem kleinen Café nehmen wir auf einem der Tische im Freien Platz und genehmigen uns einen bosnischen, sprich türkischen Kaffee. Da wir einen solchen bereits öfter probiert haben, wissen wir schon vorher, dass wir keine großen Fans dieser Zubereitungs-Variante sind, aber es gehört irgendwie zu Mostar dazu und das Kupfergeschirr und die winzigen Kaffeetassen sehen so toll aus, dass wir darüber hinwegsehen können, Teile des Kaffeesatzes im Mund zu haben. Außerdem verfehlt er seine Wirkung nicht, er ist ordentlich stark! 

Durch einen Hausdurchgang betreten wir einen Innenhof mit Brunnen, daran angeschlossen liegt die Koski Mehmed Pasha Moschee. Das Anfang des 17. Jahrhunderts errichtete Gebäude ist insofern besonders, als es während des Bosnienkrieges beschädigt wurde, trotz Restauration seitdem nicht mehr als Gotteshaus im Dienst ist und somit gegen Gebühr besucht werden kann. Eine Bedeckung des weiblichen Kopfes ist auch nicht notwendig. 

Ein besonderes Highlight ist die Tatsache, dass auch das Minarett der Moschee bestiegen werden kann. Über eine immer enger werdende Wendeltreppe arbeiten wir uns nach oben. Da wir fast die einzigen Besucher sind, gibt es glücklicherweise nur wenig Gegenverkehr. Auf der nur aus einem schmalen Umgang bestehenden "Aussichtsplattform" angekommen liegt uns Mostar buchstäblich zu Füßen. Es sieht toll aus - das Häusermeer, die Minarette, die umliegenden Berge und wie sich der Fluss seinen Weg durch die Stadt bahnt. Nur übermäßig klaustrophobisch sollte man hier oben nicht sein.  

Bevor wir Mostar wieder verlassen, schlendern wir noch etwas weiter nach Süden. Auch von der Brücke Lučki most hat man einen recht ansehnlichen Blick auf das Stadtpanorama Mostars. Nachdem Iris hier noch einige Fotos schießt, machen wir uns auf den Rückweg Richtung Kroatien. Unser kurzer Besuch in Mostar war wunderschön, hat unsere - vor allem Iris' - Erwartungen erfüllt und wird sicher nicht unser letzter gewesen sein.